Elektro Ausbau im Defender

Kühlbox, Standheizung, Lampen, USB Buchsen - muss alles irgendwie mit Strom versorgt werden.

Die Auswahl und Installation der zusätzlichen elektrischen Komponenten kann einem ganz schön Kopfschmerzen bereiten und wird bestimmt auch nicht im ersten Anlauf perfekt - so war es zumindest bei mir. Am Ende habe ich meine Zusatzelektrik im Defender 3x neu aufgebaut, bis ich zu 100% zufrieden war. Welche Erfahrungen ich dabei gesammelt und was gut und schlecht funktioniert hat, will ich Euch hier mitteilen.

 

Eins aber noch vorweg: Wer keine Ahnung von der Materie hat und sich unsicher ist den Elektro Ausbau selbst anzugehen, sollte sich immer Hilfe in einer professionellen Werkstatt holen. Im schlimmsten Falle steht bei einem Fehler nämlich das geliebte Reisefahrzeug in Flammen und das will nun wirklich keiner.

Haftungsausschluss

Achtung: Ich habe diese Beschreibung nach bestem Wissen & Gewissen erstellt. Der Einbau ist als private Arbeit zu betrachten und befolgt keinerlei Werkstatt - Standarts. Es können Fehler in der Ausführung, als auch in der Wahl des Materials passiert sein, für die ich keinerlei Haftung übernehme.

Besonders bei elektrischen Arbeiten ist besondere Vorsicht geboten und im Zweifel immer ein Fachmann hinzuziehen.

Arbeiten an der Fahrzeugelektrik und darüber hinaus sollten grundsätzlich von Fachpersonal in Fachwerkstätten durchgeführt werden.

Für die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und die persönliche Schutzausrüstung ist jeder selbst verantwortlich.

Durch den Ein-, Um-, -oder Anbau können Schäden an Fahrzeug und Person entstehen.

Die ABE und Garantie können erlöschen.

Der Nachbau, Ein-, Um-, -oder Anbau geschieht immer auf eigene Gefahr!

Was braucht man denn überhaupt?

Zu Beginn sollte sich jeder die Frage stellen: Was brauche ich? Dies lässt sich nicht mal eben so aus dem Stand beantworten, vor allem, wenn man erst am Anfang seiner Karriere als passionierter Overlander steht. Deshalb ist man gut beraten, auf die Erfahrung anderer zurückzugreifen oder selbst erste Erfahrungen Unterwegs zu sammeln, um die eigenen Bedürfnisse zu ermitteln.

 

Unsere erste Reise nach Norwegen fand auch noch ganz ohne tolle Ausrüstung statt, die einzig zusätzliche Elektrik war eine stinknormale Kühlbox, die aufgrund ihres hohen Stromverbrauchs nur während der Fahrt angeschlossen war und ein USB Stecker für den Zigarettenanzünder um die Handys zu laden.

 

230V? Nö. Landstrom? Nö. Ich habe mich gegen eine 230V Installation in meinem Defender entschieden. Wir hatten nie den Bedarf irgendein Gerät mit 230V zu betreiben oder die Fahrzeug-Batterien mit Landstrom zu laden. Für Kamera und Drohne habe ich 12V bzw. USB Ladegeräte besorgt und alles andere läuft ohnehin mit 12V. Da wir (fast) jeden Tag das Auto bewegen, werden die Batterien auch jeden Tag geladen. Strom vom Campingplatz brauchen wir da nicht, zumal wir eh lieber Freistehen.

2 Batterien - Doppelbatteriesystem

Nach der ersten Tour habe ich mich als erstes dafür entschieden eine zweite Batterie anzuschaffen. Zuerst wollte ich die beiden 95 Ah Batterien mit einem Spanngurt und ohne zusätzliche Halterung in der Fahrersitzkiste des Defender sichern, was sich aber nicht als beste Idee herausgestellt hat. Will man es vernünftig machen, kommt man um einen Halter nicht drum herum, ich habe mich für den von GMB Mount entschieden. Das war nämlich der einzige, den ich gefunde habe, welcher 2 bis zu 100 Ah große Batterien aufnimmt. Alle anderen boten immer nur Platz für 2x 80 Ah. Verbaut man zwei 95 Ah Batterien in der Defender Sitzkiste, geht es allerdings sehr eng zu und es bleibt nicht mehr viel Platz für weitere Bauteile.


Strom von der Lichtmaschine

Die Starterbatterie wird während der Motor läuft von der Lichtmaschine geladen. Aber was ist mit der Versorgerbatterie? Die muss natürlich auch geladen werden, schließlich sind hier die meisten Verbraucher angeschlossen. Um die Versorgerbatterie auch während der Fahrt zu laden, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

 

Die einfachste und günstige Möglichkeit wäre ein Trennschalter oder Natoknochen, mit dem man während der Fahrt beide Batterien verbindet. Vergisst man aber die Batterien zu trennen, wenn der Motor nicht läuft, kann es passieren dass die Verbraucher auch die Starterbatterie mit leer saugen und der Wagen beim nächsten Mal nicht mehr startet. Nein, ich kenne mich, früher oder später würde ich vergessen die Batterien zu trennen und dann da stehen.

 

Um die Versorgerbatterie während der Fahrt zu laden, habe ich mich für ein intelligentes Trennrelais, genauer das Cyrix CT 120A entschieden.

Installation Cyrix Trennrelais

Die Installation des Cyrix CT Trennrelais ist nicht sonderlich schwer. Die 2 M6 Bolzen (Klemme 87 & 30) werden mit der Starterbatterie (Klemme 87) und der Versorgerbatterie (Klemme 30) verbunden. In die Leitung zwischen Relais und Starterbatterie muss außerdem eine passend dimensionierte Sicherung eingeschleift werden. Da in der Sitzkiste wenig Platz ist, würde ich eine normale Sicherung an keiner Stelle vernünftig gewechselt kriegen, ohne die Batterien rauszunehmen. Aus diesem Grund habe ich mich für einen Sicherungsautomaten entschieden, den ich von Außen bedienen kann. Leitungsquerschnitt sind 25mm² für die Plus Leitungen und 1,5mm² für die Masse Leitung. Wichtig: Beide Batterien müssen auf einem gemeinsamen Massepunkt liegen. Dafür habe ich eine Sammelschiene installiert. Die Masseleitung vom Fahrzeug geht auf die Sammelschiene und von dort jeweils eine Leitung zu den Batterien.

Zusätzlich kann an das Cyrix CT Trennrelais eine Spannungsanzeige angeschlossen werden, mit der man auch beide Batterien für kurze Zeit parrallel schalten kann. Das kann besonders nützlich sein, wenn die Starterbatterie mal zu schwach ist oder man die Seilwinde benutzt.


Strom von der Sonne

Um die Batterien auch zu Laden, wenn man nicht fährt, habe ich eine kleine Solaranlage installiert. Das 100 WP Solarpanel ist auf dem Dachträger befestigt und liefert Strom von der Sonne. Zwischen Solarpanel und Versorgerbatterie ist ein Laderegler angeschlossen. Leider habe ich beim Kauf der Solaranlage damals nicht darauf geachtet, einen MPPT Laderegler zu bestellen. Dieser würde durch das Maximum Power Point Tracking, also dem Punkt, an dem aus dem Solarpanel die maximale Leistung entnommen werden kann, nochmal etwas mehr Energie rausholen. Außerdem würde ich beim nächsten Mal gleich einen Regler nehmen, der einen Anschluss für die Starterbatterie hat.

Da mein Solarladeregler keinen Anschluss für die Starterbatterie hat, habe ich zusätzlich einen Votronic Standby Charger* verbaut. Dieser lädt, wenn die Versorgerbatterie voll ist, auch die Starterbatterie über die Solaranlage. Das ist eine super Erhaltungsladung wenn man mal nicht unterwegs ist und das Fahrzeug für längere Zeit steht.

 

Update: Der Standby Charger wäre im Nachhinein nicht nötig gewesen, da das Cyrix Trennrelais in beide Richtungen funktioniert, also sowohl die Versorgerbatterie über die Lichtmaschine lädt, als auch die Starterbatterie über die Solaranlage. Wusste ich zu dem Zeitpunkt einfach nicht.


Als Alternative zu den fest verbauten Solarpaneln gibt es auch sogenannte Solartaschen oder Solarkoffer. Das ist eine mobile Lösung mit integriertem Laderegler, welche einfach nach Bedarf an die Batterien des Fahrzeugs angeschlossen werden kann. Großer Vorteil ist, dass das Auto im Schatten parken, während man die Solartasche in der Sonne platziert. Außerdem muss keine Technik fest im Auto verbaut werden, keine Kabel verlegt, keine Dachdurchführung installiert, etc.. Ich habe überlegt, ob ich mein System um eine solche Solartasche ergänze, hatte aber bisher nie die Notwendigkeit mehr Strom zu erzeugen. Das liegt auch hauptsächlich daran, dass wir selten länger als eine Nacht am gleichen Ort sind. Wer aber gerne mehrere Tage verweilt, für den könnte eine Solartasche eine gute Lösung sein.

Absicherung

Ohne Sicherung geht nichts. Also es geht schon, aber ist dann halt nicht sicher. Weil man ja keine Sicherungen hat.

Jede Plus Leitung muss entsprechend abgesichert werden. Für eine ordentliche Sicherungsverteilung nutze ich Sicherungskästen von Blue Sea Systems. Diese gibt es in verschiedenen Größen und mit oder ohne Masseverteiler. Ich habe für die zusätzlichen Verbraucher an der Starterbatterie einen 6 Fach Sicherungskasten mit Masseverteiler und für die zusätzlichen Verbraucher der Versorgerbatterie einen 12 Fach Sicherungskasten, auch mit Masseverteiler. Außerdem noch einen zusätzlichen 6 Fach Sicherungskasten, welcher die Verteilung im Heck des Fahrzeugs übernimmt und auch an der Versorgerbatterie angeschlossen ist. 

Die Sicherungskästen sitzen unter der Cubbybox, neben der Standheizung. Auch da geht es eng zu, ist aber machbar. Für die bessere Erreichbarkeit habe ich meine selbstgebaute Cubby Box vorne mit einem Scharnier versehen, damit ich sie einfach hochklappen kann. Hinten ist die Box mit 2 Kistenverschlüssen gesichert.


Die Absicherung der Hauptleitungen zu den Sicherungskästen übernehmen bei mir 2 80A Sicherungsautomaten. Diese habe ich in die Seite der Sitzkiste meines Defender eingebaut und komme so bei geöffneter Fahrertür gut ran. Vorteil der beiden Sicherungsautomaten ist auch, dass ich diese gleichzeitig als "Hauptschalter" benutzen kann, soll heißen mit Drücken der beiden roten Knöpfe sind sämtliche Zusatzverbraucher aus.

 

Der 100A Sicherungsautomat ist für das Trennrelais, wie bereits weiter Oben erwähnt.


Die Größe der Sicherung der einzelnen Verbraucher richtet sich nach deren maximaler Leistungsaufnahme. Ist der Verbraucher beispielsweise mit 140W angegeben, teilt man die 140W durch die Spannung des Bord/Aufbau Netzes, in meinem Fall 12V. Also 140W : 12V = 11.67A. Als Absicherung nimmt man dann den nächsthöheren, verfügbaren Wert, also in diesem Fall 15A.

Leitungsquerschnitte

Neben der passenden Absicherung, muss auch der Kabelquerschnitt entsprechend zur maximalen Leistungsaufnahme des Verbrauchers ausgewählt gewählt werden. Ist der Querschnitt zu gering oder die Stromstärke zu groß, entsteht ein Verlust, der in Form von Wärme abgegeben wird. Wird die Leitung dann zu heiß, kann die Isolierung schmelzen und ein Kabelbrand entstehen. Über die Auswahl des richtigen Leitungsquerschnitts könnte man schon einen ganzen Beitrag schreiben, das soll aber hier nicht das Thema sein. Außerdem haben das schon genügend Andere vor mir gemacht, wie z.B. das Team von Matsch & Piste. Schaut dort also gerne einmal vorbei, wenn Ihr tiefer in die Materie eintauchen wollt.

Ich verwende im Wesentlichen 4 verschiedene Leitungsquerschnitte. 1,5 mm² für die Leitungen direkt zu kleinen Verbrauchern, wie LED Innenraumlampen und USB Steckdosen. 4 mm² für größere Verbraucher wie die Standheizung, Kühlbox und Zusatzscheinwerfer. Für die Hauptleitungen von den Batterien zu den Sicherungskästen und zum Trennrelais verwende ich 25 mm² Leitungen. Der größte Querschnitt geht mit 50 mm² zur Seilwinde. Als Richtwert habe ich dabei immer folgendes im Kopf: 1,5 mm² bis 15A, 4 mm² bis 30A und 25 mm² bis 100A. Grundsätzlich gehe ich lieber auf Nummer Sicher und verwende einen größeren Querschnitt als vielleicht notwendig wäre. Ich kann Euch aufgrund meiner Erfahrung nur empfehlen, nicht zu viele verschiedene Querschnitte zu verwenden, das macht es nur unnötig kompliziert und unübersichtlich. Mit den 2 Querschnitten für die Verbraucher kriege ich alles abgedeckt und mit den 25 mm² für die Hauptleitungen bin ich auf der sicheren Seite.

Konfektionierung